Alle unter Terézia Mora verschlagworteten Beiträge

Fast schon das Ende des Jahres: Mein Lesejahr 2019

Wenn ich mein Lesejahr Revue passieren lasse, dann lassen sich zunächst einmal paar Zahlen festhalten: Gelesen habe ich zwar ein paar Bücher mehr, auf dem Blog berichtet habe ich jedoch nur über 20 Romane und Sachbücher: Der ganz normale Alltag hat wohl in diesem Jahr mehr Zeit in Anspruch genommen, als ich gedacht hätte. Wenn ich den kommenden Artikel zur „Digitalen Ethik“ von Sarah Spiekermann mitrechne, dann ist mit 10:10 die Geschlechterverteilung meiner Lektüren – ohne dass ich es darauf angelegt hätte – ausgeglichen. Und aus den Indie-Verlagen stammen immerhin auch 9 Titel. Ein neuer Leseschwerpunkt hat sich auf dem Blog ergeben, weil ich neugierig bin, wie die Digitalisierung in die Erzählungen einzieht, wie die Wissenschaft sich damit auseinander setzt. In der fiktionalen Literatur wird die Digitalisierung bisher eher als Dystopie erzählt, dann, wenn ein problematischer Aspekt in die Zukunft fortgeschrieben wird. Aber es gibt ja auch auch Berit Glanz´ „Pixeltänzer“ , einen Roman aus der Gegenwart, der das Widerstandspotential der Digitalisierung und der dazu gehörenden Arbeitsprozesse auf spannende Weise auslotet. Und was ist sonst …

Leserückblick 2018 (2): Vier Entdeckungen

Das Jahr 2018 hat mich nicht nur mit einer Roman-Serie überrascht, sondern mir auch verschiedene Entdeckungen beschert. Entdeckungen von Autoren, die mich mit ihrem Debüt überzeugt haben und Entdeckungen von Autoren, die schon länger publizieren, von denen ich aber bisher noch nichts gelesen habe. Ihre Romane haben mich auf eine Ölplattform und durch halb Europa geführt, in die hohen Berge und ins ostdeutsche Dorf. Das waren alles interessante, merkwürdige und anregende Reisen, auf denen ich vieles entdecken konnte, die mich vor allem aber auch durch die Art ihrer Erzählung begeistert haben. Anja Kampmann entführte mich auf die schon genannte Ölplattform und zu den Nomaden-Arbeitern, die den Ölfördergebieten nachziehen,um den Energiehunger der Welt zu stillen. Da ist Waclaw, der nach dem Tod seines besten Kumpels Mátyás nicht mehr zurückkehren kann in den alten Lebensrhythmus zwischen zwei Wochen Arbeit auf der Plattform und zwei Wochen Reisen und Spielen und Genießen an Land. Von Sizilien aus macht er sich auf denWeg über die Alpen ins Ruhrgebiet und dann Richtung Polen und begibt sich auf die Suche nach seinen …

Terézia Mora: Die Liebe unter Aliens

Aus dem Buchregal genommen habe ich Terézia Moras Erzählband, weil die Autorin, so wurde Anfang Juli bekannt, die diesjährige Büchner-Preisträgerin ist. Eine gute Gelegenheit also, die Lektüre des vor zwei Jahren schon veröffentlichten und immer noch ungelesenen Erzählbandes endlich nachzuholen. Und dann ergab sich auf einmal ein ganz stimmiger Zusammenhang mit den vorher gelesenen Büchern – denn auch Terézia Moras Geschichten umkreisen das Thema Stille. Angefangen hat meine kleine, wenn auch ungeplante Reihe zum Thema mit Céline Minards Protagonistin, die die einsame Bergwelt aufsucht, um zu erproben, ob ihr Leben dort, und auch die dazugehörende Stille, sie zu einer Erleuchtung führe – oder eben nicht. Erling Kagge stellt schon mit dem Titel seines Buches klar, dass er sich mit dem Phänomen der Stille beschäftigt, und beleuchtet dann Momente der Stille und Wege zur ihr. In Moras Erzählungen sind es wiederum die Protagonisten, die ein besonderes Verhältnis zur Stille haben. Es sind oft Figuren, die alleine leben oder die sich selbst dann  einsam fühlen, wenn es Lebenspartner gibt. Es ist eine Stille, die sie umgibt, die …

Terézia Mora: Nicht sterben

„Nicht sterben“ – ein merkwürdiger Titel für eine Poetikvorlesung. Und doch ganz programmatisch für das Erzählen. Terézia Mora beginnt ihre Frankfurter Poetikvorlesung, die sie im Wintersemester 2013/2014, also unmittelbar nach der Auszeichnung mit dem Deutschen Buchpreis, gehalten hat, mit dem Bericht darüber, wie langwierig, wie mühsam, wie „unerträglich“ ihr Schreibprozess manchmal ist – sie wird darauf mehrfach zurückkommen -. In so einer Phase bei der Vorbereitung der Vorlesungen überredet ihre Tochter sie, gemeinsam in einen Film zu gehen. Es ist ein Animationsfilm, der eine Schar von Urmenschen zeigt, die in einer Höhle leben. Die Höhle ist Wohnort und Schutzraum zugleich, denn draußen wüten scharfzähnige Bestien. „In der Höhle erzählt der Vater Geschichten, die er mit Höhlenzeichnungen illustriert. Seine Geschichten handeln ausnahmslos davon, dass man die Höhle nur im äußersten Notfall (zur Nahrungsbeschaffung) verlassen darf, und auch das nur kurz und unter bestimmten Umständen, niemals nachts usw., sonst würde man augenblicklich sterben.“ (S. 5) Seine Geschichten handeln also vom „Nicht sterben“, andere Geschichten kennt die Familie nicht. Aber dann muss die Höhle doch verlassen werden und …