Monat: April 2017

Jonas Lüscher: Kraft

Immer wieder habe ich hier auf dem Blog gefragt, wo denn die Romane sind, die sich mit den ganz aktuellen gesellschafts- und vor allem auch wirtschaftspolitischen Themen auseinandersetzen und die uns durch ihr Erzählen einen anderen Blick und ein anderes Verständnis auf unsere Welt und unsere Konflikte ermöglichen. Mit der Novelle „Frühling der Barbaren“ hat Lüscher sich schon dieses Themas angenommen und hat erzählt von den (wirtschaftlichen) Egoismen und Barbareien, die es überhaupt erst ermöglichten, dass eine Finanzkrise ausbricht. Und nun begibt sich Lüscher in seinem neuen Roman ganz hinein in die Kreise und Zirkel, die Teil hatten an den wirtschaftsliberalen Veränderungen, die zufällig – oder aus Klugheit – mit aufgesprungen sind auf den Zug der Veränderung, der in den 1980er Jahren begann, und die davon profitiert haben und nun vor einem Scherbenhaufen stehen. Richard Kraft, philosophischer Deuter und Erklärer des freien Marktes, ist einer von ihnen. Kraft ist angesehener Wissenschaftler, immerhin in der Nachfolge Walter Jens´ der Inhaber der Rhetorik-Professur in Tübingen, und steht finanziell vor einem Desaster. So klug, brillant und scharfsinnig seine …

Niroz Malek: Der Spaziergänger von Aleppo

Als Niroz Malek 1946 in Aleppo geboren wurde, um genau zu sein am 17. April, feierte Syrien genau an diesem Tag seine Unabhängigkeit von Frankreich, der vom Völkerbund in Syrien und Libanon seit dem Ersten Weltkrieg eingesetzten Mandatsmacht. „Sohn des Friedens“ wurde Malek also wegen seines ganz besonderen Geburtstages genannt und er habe, so schreibt er in seinem Nachwort, lange daran geglaubt, dass es nie wieder Weltkriege geben werde. Die Demonstrationen, die in Syrien 2012 sechs Monate lang friedlich stattfanden, bei denen breite Schichten der Bevölkerung und vor allem die jungen Menschen solche Dinge einforderten wie „Freiheit“ und „Würde“, die „Reformierung der staatlichen Institutionen“ und das „Ende der Korruption“ gingen dann aber, statt in eine Kommunikation mit allen beteiligten zu kommen, doch in einen „internationalen, zerstörerischen, barbarischen, schmutzigen Krieg“ über. So schmutzig und barbarisch, dass immer wieder – und gerade in diesen Tagen  – von Giftgastoten die Rede ist. Und so wird Malek, was er nie vermutet hätte, er wird zu einem „Sohn des Kriegs“ und erlebt in Aleppo den Krieg aus nächster Nähe. Viele …