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Caroline Fourest: Generation Beleidigt. Von der Sprachpolizei zur Gedankenpolizei. Über den wachsenden Einfluss Linker Identitärer. Eine Kritik

Noch nie ist es so einfach gewesen, den eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten nach zu leben und die eigenen Vorstellungen vom Leben zu verwirklichen, wie in unserer modernen Welt. Noch nie so einfach also, eigene Vorstellungen vom Leben umzusetzen, die sich auch im Laufe der Zeit ändern dürfen, wenn wir offen bleiben für Veränderungen. Das gipfelt sogar in der – wenn auch fragwürdigen – Floskel davon, dass wir uns völlig neu erfinden können. Das ist die eine Seite der Identität, die Seite, die jeder selbst formen und gestalten können. Schwieriger ist es mit der Identität als politischem Begriff. Wenn Aspekte wie Herkunft, Geschlecht, Religion und Ethnie genutzt werden, um auf mehr oder weniger Möglichkeiten der gesellschaftlichen und politischen Teilhabe hinzuweisen, wenn sie genutzt werden, um über Chancengerechtigkeit, über Diskriminierungen und patriarchale Strukturen zu debattieren. Das ist gut und sinnvoll, weil nur durch einen Diskurs, durch Zuhören und Empathie, durch Hineinversetzen und gemeinsames Suchen nach Lösungswegen gesellschaftliche Entwicklungen angestoßen werden können. Wenn diese Begriffe aber so genutzt werden, dass eine Gesellschaft wiederum zerfällt in die einen, die …

April-Lektüren

Eine ganze Reihe guter Bücher habe ich im April gelesen. Drei Romane von Frauen, die jeweils unterschiedliche Aspekte weiblichen Lebens, ja, Aspekte weiblichen schwarzen und farbigen Lebens beleuchten, jede mit einer ganz besonderen Art des Erzählens, jede mit eigener Erzählstimme (oder gar Erzählstimmen), kreativ, innovativ, mal spielerisch, mal intellektuell, immer packend und spannend. Und einen Essay zum gerade so intensiv diskutierten Thema der Identitätspolitik der französischen Autorin Caroline Fourest: „Generation Beleidigt“. Bernardine Evaristo lässt zwölf Frauen zu Wort kommen, die von ihrem Leben erzählen, als farbige Einwanderin in Großbritannien, als Studentin in der zweiten Generation. Sie sind Lehrerinnen, Ticket-Kontrolleurinnen, Einzelhändlerinnen, Dramatikerinnen, Bankerinnen, Aktivistinnen im Netz. Und sie haben alle jeder Menge Power. Sharon Dodua Otoos Roman „Adas Raum“ ist der Roman, der in einer so spielerischen Erzählform daherkommt und dabei die ganze Palette der gerade aktuellen Themen von Kolonialismus, Rassismus und Frauenfeindlichkeit verhandelt. In zeitlichen Schleifen treffen die Protagonist:innen immer wieder aufeinander. Vielleicht nimmt die Geschichte um die vielen Adas nun, im Berlin des 21. Jahrhunderts, doch noch eine positive Wendung. In Mithu Sanyals Roman …

Bernardine Evaristo: Mädchen, Frau etc.

Geschichten von 1000 Frauen habe sie erzählen wollen. So sei zumindest der – zugegebenermaßen – groß angelegte Plan gewesen. Um die Lücke zu füllen, die existiere, weil es so gut wie keine Erzählungen von schwarzen Frauen in der Literatur gebe. Und diese Lücke sei schmerzlich denn für Frauen wie sie selbst biete die Literatur fast keine Identifikationsräume: Die Storys der weißen Frauen in Großbritannien entsprechen nicht der Erfahrungswelt der Woman of Colour. Genauso wenig aber bieten die Geschichten der schwarzen Frauen aus Ländern, in denen sie keine Minderheiten sind, eine Möglichkeit, Erlebnissen, Erfahrungen oder Konflikten in eher weißen Kulturräumen nachzuspüren. So erklärt Bernardine Evaristo ihre Motivation für den Roman bei einer Video-Lesung. Immerhin von zwölf Frau erzählt Evaristo dann in ihrem Roman. Sie sind zwischen 20 Jahren und 93, sie sind Bäuerinnen, Kontrolleurinnen in den Londoner Bussen, selbstständig mit einer Reinigungsfirma, Lehrerinnen und Bankerinnen. Sie alle haben sich einen Platz in der britischen Gesellschaft erkämpft, als Migrantinnen, die nach Großbritannien gekommen sind, um hier „ihr Glück“ zu machen, oder als Töchter der zweiten Generation. Sie …