am Rande notiert, Identität

April-Lektüren

Eine ganze Reihe guter Bücher habe ich im April gelesen. Drei Romane von Frauen, die jeweils unterschiedliche Aspekte weiblichen Lebens, ja, Aspekte weiblichen schwarzen und farbigen Lebens beleuchten, jede mit einer ganz besonderen Art des Erzählens, jede mit eigener Erzählstimme (oder gar Erzählstimmen), kreativ, innovativ, mal spielerisch, mal intellektuell, immer packend und spannend. Und einen Essay zum gerade so intensiv diskutierten Thema der Identitätspolitik der französischen Autorin Caroline Fourest: „Generation Beleidigt“.

Bernardine Evaristo lässt zwölf Frauen zu Wort kommen, die von ihrem Leben erzählen, als farbige Einwanderin in Großbritannien, als Studentin in der zweiten Generation. Sie sind Lehrerinnen, Ticket-Kontrolleurinnen, Einzelhändlerinnen, Dramatikerinnen, Bankerinnen, Aktivistinnen im Netz. Und sie haben alle jeder Menge Power.

Sharon Dodua Otoos Roman „Adas Raum“ ist der Roman, der in einer so spielerischen Erzählform daherkommt und dabei die ganze Palette der gerade aktuellen Themen von Kolonialismus, Rassismus und Frauenfeindlichkeit verhandelt. In zeitlichen Schleifen treffen die Protagonist:innen immer wieder aufeinander. Vielleicht nimmt die Geschichte um die vielen Adas nun, im Berlin des 21. Jahrhunderts, doch noch eine positive Wendung.

In Mithu Sanyals Roman „Identitti“ dreht sich alles um die Frage der Identität. Nivedita, Deutsche mit indischen und polnischen Wurzeln, die von den indischen Verwandten in Großbritannien mit der Zuschreibung Kokosnuss – außen braun, innen weiß – gefoppt wird, findet bei der Suche nach ihrer Identität Halt bei der charismatischen Professorin Saraswati. Als sich herausstellt, dass Saraswati gar nicht indisch ist, sondern eine weiße Deutsche, bricht ein medialer Shit-Storm über Saraswati zusammen. Und Nivedita nistet sich bei ihrer Professorin ein, weil sie von ihr Antworten haben möchte. So entstehen Diskussion, in denen die Fetzen fliegen – und Saraswati doch immer das letzte Wort hat.

Caroline Fourest setzt sich in ihrem Essay „Generation Beleidigt. Von der Sprachpolizei zur Gedankenpolizei“ mit dem „Wachsenden Einfluss linker Identitärer“ auseinander. Sie erklärt Begriffe wie „kulturelle Aneignung“ und Identitätspolitik“ und erläutert an vielen Beispielen, wie diese Konzepte zu nichts anderem führen als zu weiterer Aus- und Abgrenzung, auf keinen Fall aber zu einem Zuhören und Lernen und in der Folge zu einem Abbau von Diskriminierungen.

Der April hat mir also anregende Literatur beschert. Nun gilt es, noch über das eine und andere Buch zu schreiben.