Monat: April 2021

Bernardine Evaristo: Mädchen, Frau etc.

Geschichten von 1000 Frauen habe sie erzählen wollen. So sei zumindest der – zugegebenermaßen – groß angelegte Plan gewesen. Um die Lücke zu füllen, die existiere, weil es so gut wie keine Erzählungen von schwarzen Frauen in der Literatur gebe. Und diese Lücke sei schmerzlich denn für Frauen wie sie selbst biete die Literatur fast keine Identifikationsräume: Die Storys der weißen Frauen in Großbritannien entsprechen nicht der Erfahrungswelt der Woman of Colour. Genauso wenig aber bieten die Geschichten der schwarzen Frauen aus Ländern, in denen sie keine Minderheiten sind, eine Möglichkeit, Erlebnissen, Erfahrungen oder Konflikten in eher weißen Kulturräumen nachzuspüren. So erklärt Bernardine Evaristo ihre Motivation für den Roman bei einer Video-Lesung. Immerhin von zwölf Frau erzählt Evaristo dann in ihrem Roman. Sie sind zwischen 20 Jahren und 93, sie sind Bäuerinnen, Kontrolleurinnen in den Londoner Bussen, selbstständig mit einer Reinigungsfirma, Lehrerinnen und Bankerinnen. Sie alle haben sich einen Platz in der britischen Gesellschaft erkämpft, als Migrantinnen, die nach Großbritannien gekommen sind, um hier „ihr Glück“ zu machen, oder als Töchter der zweiten Generation. Sie …

Der März-Rückblick: Vom Lesen, Sehen und vom Hören

Der Lese-RückblickDer Lese-Monat März war ganz nach meinem Geschmack. Anregende, aufregende, interessante und literarisch spannende Romane habe ich gelesen: In David Szalays „Turbulenzen“, einem Roman-Reigen, der per Flugzeug einmal um die ganze Welt führt, wird die globalisierte Welt mit seinen so mobilen Menschen porträtiert. Die hier leben und dort arbeiten, die unterwegs sind zu ihren weit entfernt lebenden Familien, die sich manchmal auch „irgendwo in der Mitte“ treffen. Passend zu diesem fluiden Lebensstil lernen sie in den Flugzeugen nur flüchtig Mitreisende kennen. Szalay erzählt ähnlich flüchtig, indem er jeder Figur nur ein paar Seiten widmet, in denen gerade ihre Leben in Turbulenzen geraten sind. Und doch erscheinen uns diese Figuren ganz plastisch. Brit Bennett erforscht in ihrem Roman „Die verschwindende Hälfte“ die Lebensentwürfe vierer Frauen, den Zwillingsschwestern Stella und Desiree, die, wiewohl farbiger Herkunft, so hellhäutig sind, dass sie sich auch als Weiße ausgeben können, und ihren Töchtern Kennedy und Jude. Dabei überschattet die Passing-Entscheidung Stellas alle anderen Lebenswege. Diejenige von ihnen, die ihren Weg am konsequentesten geht, scheint auch diejenige zu sein, die am …