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Richard Russo: Diese gottverdammten Träume (#backlistlesen 3)

In Empire Falls hat Richard Russo diesen außergewöhnlichen Roman angesiedelt, für den er 2002 den Pulitzer Preis bekommen hat – und damit Jonathan Franzens „Korrekturen“ auf die Plätze verwies. Empire Falls, das ist eine Kleinstadt in Maine, die – ganz anders, als es der stolze Name verspricht – vor sich hinsiecht, seit die Familie Whiting ihre Textilfabriken verkauft haben, die dann umgehend geschlossen wurden. Arbeitsplätze gingen verloren, viele Bewohner zogen weg, den Jobs hinterher. Die Menschen, die geblieben sind, versuchen, den schleichenden Verfall ihrer Stadt mehr schlecht als recht zu bekämpfen, fechten ihre großen und kleinen Kämpfe miteinander aus und gehen ihren „gottverdammten Träumen“ von ein bisschen mehr Glück im Leben nach. „Bargen nicht alle Menschen auf der Welt die unmöglichsten Wünsche in ihren Herzen, Wünsche, an denen sie stur festhielten entgegen aller Vernuft, Plausibilität und sogar entgegen dem Verfließen aller Zeit, hartnäckig und ausdauernd wie geschliffener Marmor?“ Einer von ihnen ist Miles Roby, Geschäftsführer des Diners „Empire Grill“, der wiederum zum Immobilienbesitz von Francine Whiting gehört. Miles fragt sich, warum sie, mittlerweile eine alte …

Dave Eggers: Der Circle (#backlistlesen 2)

Mit der Lektüre von Dave Eggers Roman „Der Circle“ bin ich tatsächlich spät dran. 2014 ist der Roman schon in Deutschland erschienen, da bin ich irgendwie noch an ihm vorbeigekommen. Nun aber konnte ich mich nicht mehr entziehen, denn mein Literaturkreis hat sich für den „Circle“ entschieden. Ich bin schon gespannt, ob er meine Mitlesenden überzeugt hat. Mich jedenfalls nicht. Und das, obwohl er, wenn die gegenwärtige Facebook-Debatte berücksichtigt wird, so aktuell ist wie vor 5 Jahren. Dave Eggers siedelt seinen Roman dort an, wo spannende Themen durchaus zu erwarten sind, nämlich mitten in der schönen, neuen Arbeitswelt eines Tech-Konzerns in Kalifornien. Dort ergattert Mae Holland durch Unterstützung ihrer Studienkollegin Annie einen Job und fühlt sich nach ihren Erfahrungen beim langweiligen Strom- und Gasversorger ihrer Heimatstadt wie im siebten Himmel, als sie an ihrem ersten Arbeitstag über den Unternehmens-Campus schlendert. Überall junge Leute, die in ungezwungener Atmosphäre auf dem park-ähnlichen Gelände arbeiten und gemeinsam Spaß haben, alles ist sauber und ordentlich und in den Pflastersteinen sind die wundervollsten Inspirationsbotschaften verewigt: „ Träumt“, „Bringt euch ein“, …

Leserückblick 2018 (2): Vier Entdeckungen

Das Jahr 2018 hat mich nicht nur mit einer Roman-Serie überrascht, sondern mir auch verschiedene Entdeckungen beschert. Entdeckungen von Autoren, die mich mit ihrem Debüt überzeugt haben und Entdeckungen von Autoren, die schon länger publizieren, von denen ich aber bisher noch nichts gelesen habe. Ihre Romane haben mich auf eine Ölplattform und durch halb Europa geführt, in die hohen Berge und ins ostdeutsche Dorf. Das waren alles interessante, merkwürdige und anregende Reisen, auf denen ich vieles entdecken konnte, die mich vor allem aber auch durch die Art ihrer Erzählung begeistert haben. Anja Kampmann entführte mich auf die schon genannte Ölplattform und zu den Nomaden-Arbeitern, die den Ölfördergebieten nachziehen,um den Energiehunger der Welt zu stillen. Da ist Waclaw, der nach dem Tod seines besten Kumpels Mátyás nicht mehr zurückkehren kann in den alten Lebensrhythmus zwischen zwei Wochen Arbeit auf der Plattform und zwei Wochen Reisen und Spielen und Genießen an Land. Von Sizilien aus macht er sich auf denWeg über die Alpen ins Ruhrgebiet und dann Richtung Polen und begibt sich auf die Suche nach seinen …