Bildband, Lesen

Emma Chichester Clark: Plumdog

Plumdog_1Ein Gastbeitrag von Felix der Hund

Ich bin wieder einmal gebeten worden, eine Buchbesprechung zu schreiben, wieder einmal, so vermute ich, wegen meiner besonderen Expertise als Hund. Außerdem finde ich – mit Blick auf die letzten Blogbeiträge – wird es wirklich endlich einmal Zeit für leichtere, farbenfrohere und lebenswichtigere Themen, als die, die zuletzt hier beschrieben und kommentiert wurden. Was haben Bildungspläne, das Wirken von Kaufen und Verkaufen und mafiöse Unternehmensentscheider schon mit unserem wirklichen Leben zu tun? Nichts! Im Bett schlafen, schwimmen gehen, kuscheln und toben mit anderen Hunden dagegen: Alles!

Gefunden haben wir das Buch, das ich Euch heute vorstellen und ganz besonders ans Herz legen möchte, auf dem Blog von Herrn Hund, dem ich, alleine schon der Namensgleichheit wegen, natürlich folge. Und der Fund macht wiederum deutlich, wie umfassend bildend Blog-Lesen im günstigsten Fall doch sein kann.

Dieses Mal ist es das Tagebuch von Plum, das ich lesen und anschauen sollte, sogar das „Tagebuch eines Hundes von Welt“. Naja, da bin ich genau der Richtige, denn bei allen Angelegenheiten eines Hundes von Welt kenne ich mich bestens aus: Ich bin ja nicht nur in den Wäldern des Bergischen Landes, in seinen Tümpeln und Weihern unterwegs, sondern auch in Buchhandlungen, Restaurants und Baumärkten der Region und gerne auch in den ganz hohen Bergen und die sind ja nun einmal im Ausland, also in der ganz großen Welt.

Plum hat übrigens auch einen Blog, auf dem es noch mehr Geschichten anzusehen gibt, als die, die sie im Buch versammelt hat. Und dort sieht man Plum auch auf einem Foto. Ich habe mich fast erschreckt, als ich es gesehen habe, und musste laut bellen: Die sieht ja aus wie ich – wenn ich nicht beim Friseur war! Ich frage mich nun wirklich, ob es meine sehr viel jüngeren Geschwister wohl nach Großbritannien verschlagen hat? Na, Ihr könnt Euch vorstellen, nachdem ich Plum gesehen habe, und es war, als würde ich in einen Spiegel schauen, bin ich natürlich noch viel neugieriger geworden auf das Buch.

Und bevor ich richtig loslege, erst einmal ein Materialtest: Das Buch ist sehr stabil „gemacht“, genau richtig, um auch Plumdog_3einmal in die Hundepfote zu gelangen und von der Hundekralle aufgeschlagen zu werden. Es hat ja nicht nur den sehr haltbaren Umschlag. Es hat vor allem auch einen sehr festen Einband, der ganz wunderbar gestaltet ist mit vielen roten und grünen Plums (diese Gestaltung könnt Ihr auch schon auf dem Blog bestaunen). Da können selbst wir Hundejungs uns das Buch immer mal wieder ins Körbchen holen (ja, stimmt, manchmal lesen wir es auch auf dem grauen Sofa) und vor und zurückblättern: Davon sieht man bisher nichts.

Nun aber zum Inhalt:

Plum hat also ein Tagebuch geschrieben. Ein Jahr lang, angefangen mit den „guten Vorsätzen“ zum neuen Jahr, hat sie immer wieder Notizen angefertigt und so festgehalten, was alles passiert ist. Sie hat also sozusagen ihre „Jahrestage“ dokumentiert. Nun möchte ich Plums Aufzeichnungen nicht unbedingt und direkt mit denen von Gesine Cresspahl vergleichen und will mir vor allem auch nicht den Unmut der Uwe-Johnson-Leser zuziehen. Denn Plum liest keine Zeitung, also auch nicht die New York Times, und sie erzählt auch nicht aus dem Leben ihrer Eltern und ihrer eigenen Kindheit und Jugend. Aber ähnlich wie Gesine liebt sie Wasser in jedweder Form und ähnlich wie Gesine hat auch Plum eine Menge Familienangehörige, Großeltern, Tanten, Onkel und viele Cousins und Cousinen und ähnlich wie Gesine muss auch Plum ab und zu zur Arbeit gehen. Aber das sind eigentlich schon alle Gemeinsamkeiten und außerdem ist es ja auch gar nicht Plums Arbeit, sondern die von Emma, zu der Plum sie nur begleitet. Emma ist ja Teil ihrer menschlichen Familie. Sie ist von Beruf Zeichnerin und somit diejenige, die Plums Texte so toll bebildert hat und auch eigene Bücher gemacht hat, die wohl ganz häufig von blauen Kängurus handeln.

Akribisch dokumentiert Plum also alle wichtigen Ereignisse in ihrem Leben: den Friseurbesuch und die abweisenden Bemerkungen ihrer Hundekumpels, die zwar nicht unbedingt an der Frisur Anstoß nehmen, aber den Rosen- und Lavendelduft nicht mögen und Plum erst wieder richtig toll finden, als sie sich alle zusammen in der Fuchskacke wälzen – und danach alle wieder ganz wunderbar duften (stimmt übrigens wirklich und ist viel weniger auffällig, als sich direkt in einem Kuhfladen zu schmeißen :-)). Sie erzählt, wie gerne sie sich mit ihrer Schwester Liffee trifft und spielt und dass sie dann gerne abends vor dem Fernseher die „Füße hochlegen“ (das ist übrigens wortwörtlich gemeint: ich liege auch sehr gerne auf dem Rücken, die Wirbelsäule lang gezogen und völlig entspannt, alle Pfoten stehen dann in die Luft, eingeknickt im Kniegelenk – kann ich nur empfehlen, das ist sehr gemütlich). Sie erzählt, wie sie und ihre Freunde sich über jede Schneeflocke freuen und vor lauter Freude wie die Irrwische durch den Park rennen, dass sie aber im Winter nicht schwimmen gehen darf (wir finden auch Schnee super, da können wir glatt vergessen, dass auch wir im Winter nicht schwimmen gehen dürfen – irgendwas wegen einer Lungenentzündung, keine Ahnung. Am besten ist Schnee ja im Sommer, ja, ihr habt richtig gelesen, im Sommer, und damit wir uns auch im Sommer im Schnee herumfläzen können, fahren wir ja immer auf die ganz hohen Berge.).

Plumdog_4Manchmal begleitet Plum Emma zu ihrem Verlag (das ist dann die Arbeit), manchmal auch zu Lesungen. Zwar sind ihr die Geschichten von blauen Kängurus ganz furchtbar peinlich, mal abgesehen davon, dass sie sie schon mindestens tausend Mal gehört hat und auch einem Hund schon mal langweilig wird, aber sie sieht ja auch ein bisschen ihre Anwesenheit als Aufgabe, denn schließlich muss sie „die Kinder mit Blinzelspielen bei Laune halten“ (das kennen wir auch gut, wenn wir ab und zu – ganz selten, ach: viel zu selten – abends mit in die Menschenschule gehen dürfen. Das ist so toll, so viele, die uns bekuscheln wollen, so viele, die mit uns spielen wollen – obwohl die alle schon ganz erwachsen sind. Aber auch dann wird es uns irgendwann langweilig, weil die Studierenden ja den ganzen Abend ganz ruhig sitzen müssen und sich über merkwürdige Dinge unterhalten, die keinen Hund der Welt interessieren. Dann schlafen wir einfach ein bisschen.).

Aber es gibt auch im Hundeleben die traurigen Momente, zum Beispiel wenn Hund sich vom besten Freund verabschieden muss, weil der für Monate ins Ausland fährt. Da habe ich mir schon eine Träne aus den Augenwinkeln wischen müssen. Oder wenn Plum abends alleine zu Hause bleiben muss oder gar ihre Menschen ohne sie verreisen, das ist so traurig. Aber auch Plum darf verreisen. Zwar ist die Autofahrt total langweilig (stimmt, Hund sitzt den ganzen Tag im Auto, es passiert NICHTS und irgendwann ist auch Hund so ausgeruht, dass schlafen nicht mehr geht), aber als sie am nächsten Tag im Meer herumtoben kann, ist Plum mit allem versöhnt.

Und meistens ist in Plums Leben ja doch alles in Ordnung: Sie liebt den neuen Badezimmerteppich, weil sie sich darauf Plumdog_5so gut herumwälzen kann, sie feiert mit ihren Freunden Geburtstag, geht gerne in einen Buchladen, weil Bücherkäufer immer so hundefreundlich sind (das stimmt, das kann ich bestätigen, aber im Baumarkt sind auch viele nette Leute) und irgendwann im späten Herbst kommt auch Rocket wieder zurück.

Und schon sind die Jahrestage auch schon wieder vorbei. Schade…

Übrigens: Das Buch hat nicht nur uns Hundejungs Spaß gemacht, sondern auch unseren Menschen. Die meinen ja sogar, dass Plum, es faustdick hinter den Ohren hat, weil sie auch immer mal wieder eine Pointe in ihre Aufzeichnungen einbaut. Das muss aber eine Sicht der Menschen sein, ich habe hier nur die Wahrheit gefunden, von Pointen keine Spur.

Und schaut bloß auf dem Blog nach, denn da gibt es eine Geschichte, die von Linus sein könnte. Den machen nämlich die Fliegen – nur die dicken, die so grünlich-lila schimmern und so laut brummen – auch völlig verrückt.

Emma Chichester Clark (2015): Plumdog, München, Verlag Antje Kunstmann

10 Kommentare

  1. Da sage ich nur: Wuff! Erstklassig gebellt, der Herr Co-Autor. Wenn Du Dir da nur nicht Konkurrenz ins Haus geholt hast, liebe Claudia!

    • Ach, das sehe ich ganz entspannt mit dem Co-Autor. Wir haben da ja eine thematische Schwerpunkstsetzung, die sich ganz von selbst ergibt. Und ich bin froh, wenn er auch mal etwas für den Blog beisteuert, dann habe ich ja wiederum mehr Zeit, mit den Jungs durch den Wald zu laufen und Stöckchen zu werfen.
      Viele Grüße, Claudia

  2. Fluch des Handy: Also, weiter im Text. Wird der Coautorin frech, kriegt er keine Wurst 😄Überlege, ob das auch sinnvoll auf unserem Blog wäre 😄

    • Hihi, werde ich ihm bestellen, dass es keine Wurst mehr gibt, denn frech ist er ja eigentlich immer – sogar beim Schlafen, denn das gelingt ja am besten auf dem grauen Sofa. Ich werde berichten, ob das Vorenthalten von Wurst eine geeignete Erziehungsmaßnahme ist, dann kannst Du das ja auch mal ausprobieren :-).
      Einen schönen Abend wünschen Claudia und der von allen heutigen Tätigkeiten völlig erschöpfte Felix

  3. Felix, die Ähnlichkeit ist in der Tat frappierend! Und es musste ja eine solche vorhanden sein, nicht nur an der Oberfläche. Denn du erfasst das Buch so, wie es das braucht. Ich bin mehr Herr als Hund und musste mir so erst von Dir zeigen lassen, was bei wachem Verstand und Händ…..ähhh, Pfötchen für die Feinheiten, darin zu entdecken ist. Chappi!, bleibt mir da noch zu sagen und ziehe mich zurück, um mich noch eine Runde zu wälzen, bevor ich wieder menschlich werde.

    • Lieber Herr Hund,
      ich bin nicht Claudia, sondern ich bins selbst: Felix der Hund, nur mit falschem Gravatar! Ich habe sehr gern erklärt, wie es im Hundeleben so zugeht, was dort nämlich wirklich so richtig wichtig ist, damit die meist menschlichen Leser auch Plums Texte über ihre vielfältigen Erlebnisse in der einzig richtigen Art und Weise verstehen, die Poesie der Formulierungen schätzen und die hohe Kunst der Literarisierung nachvollziehen können. Beim Hundeleben bin ich ja tatsächlich ein Experte, es zu beurteilen, übrigens ein ganz echter Experte, nicht solch einer, der immer im Fernsehen als solcher bezeichnet wird, aber von Bellen und Buddeln meist kein bisschen Ahnung hat und nur Worthülsen und anderen Schrott absondert. Und wenn Sie sich wälzen wollen, lieber Herr Hund, dann doch am besten auf einer schönen Wiese, dann duften Sie auch gut nach Wiesenblumen und Wildkräutern – müssen aber jemanden finden, der nach diesen üblen Zecken schaut, die sich ja an die allerseltsamsten Stellen zurückziehen, um dort in aller ungestörten Ruhe ihrem bösen Werk nachzugehen.
      Einen geruhsamen Abend wünscht Ihnen: Felix

  4. Hallo Felix,

    auch ich habe schon einige Hundebücher durchgeblättert, die ich auch alle gerne auf dem Blog meines Frauchen vorstellen würde – sie lässt mich aber leider nicht. Vielleicht sollte ich mir demnächst mal meinen eigenen Blog einrichten. Frauchen denkt, dass ich noch abgehobener werden würde, wenn ich nun auch noch Besprechungen verfasse. Menschen im Internet haben nämlich letztens schon gefragt, ob ich einen eigenen Fanclub habe.

    Wie auch immer, dein Buch kommt auf jeden Fall auf meine Wunschliste – sei lieb gegrüßt, dein Hundekumpel Bandit.

    • Lieber Bandit,
      wie schön, dass Du es selbst bist! Also das mit den Fanclub, das kann ich gut verstehen. Wer so tolle Bilder von sich machen lässt! Ich hasse es ja, fotografiert zu werden, ich drehe immer den Kopf weg und lasse mich durch NICHTS bewegen, ihn wieder zurück zu drehen. Was meinst Du, was es für ein großer Spaß ist, wenn Claudia Linus und mich aufs Foto bannen möchte und wir sitzen natürlich beide da und drehen, der eine nach rechts, der andere nach links, unsere Köpfe zur Seite. Du aber schaust ja aus jeder Lebenslage immer ganz gelassen genau hinein ins Objekiv, dass wir alle beim Betrachten Deiner Fotos denken, Du schaust genau uns an. Und siehst auch noch immer so super aus, wie ein Fotomodell. Ich fände es natürlich auch klasse, wenn Du auch mal ein Buch besprechen würdest, in das Du Deine Fellnase hineingesteckt hast und wenn Du einen eigenen Blog hast, werde ich Dir sofort folgen, echt!
      Plums Tagebuch empfehle ich Dir auf jeden Fall. Das musst Du unbedingt mit Deinen Menschen gemeinsam anschauen und lesen. Ich glaube, Ihr kennt auch alle Geschichten aus dem eigenen Erleben. Und vorher könnt Ihr ja schon mal auf dem Blog stöbern, dann wisst Ihr alle, was im Buch auf Euch zukommt.
      Ganz viele Lesespaß wünscht Euch Felix

  5. Lieber Felix, bei mir werden die Bücherseiten von Katzekrallen umgeblättert und dennoch erinnert mich vieles von dem was und wie du schreibst an meine katzigen Leseratten, nicht zuletzt das Tränchen, das mitfühlend fließt an trauriger Textstelle.
    Ich wünsche Dir und deinem Frauchen ein wunderbares, entspanntes leseschönes Wochenende und grüße ganz herzlich!
    Marlis

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