Lesen, Romane

Max Frisch: Aus dem Berliner Journal

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Es hat einen blauen Einband, das „Berliner Journal“, so wie seine älteren Brüder, die Tagebücher von 1946  – 1949 und von 1966 – 1971. Wer es aufschlägt und die ersten Einträge liest aus dem Februar 1973, der wird sofort hineingesogen in die unnachahmliche Sprache Max Frischs. Kaum einem Schriftsteller gelingt es so überzeugend, mit ein paar Sätzen, ausformuliert die einen, unvollständig, manchmal bis auf ein Wort verknappt, die anderen, wie ein Zeichner mit ein paar Bleistiftlinien in seinem Skizzenbuch, vor den Augen der Leser eine vollständige Szene entstehen zu lassen, eine Geschichte zu erzählen, die darin mitschwingenden Gefühle gleich mit. Unvergessen aus den ersten Tagebüchern sind seine Beschreibungen der Situation im Nachkriegsdeutschland, die zerstörten Städte, die er aus dem Zug sieht, die Flüchtlingsströme auf den Bahnhöfen; seine literarischen Skizzen und Ideen, das Nachdenken über „sein“ Thema – wer der Mensch denn wirklich sei, sich selbst und anderen gegenüber -, Begegnungen mit anderen Schriftstellern, die Reisen in die USA, Skizzen des Alltags.

Ein ähnliches Themenspektrum findet sich auch im Berliner Journal. Zum Ende des Jahres 1972 haben Max Frisch und seine Frau Marianne eine Wohnung in Berlin gekauft, ganz in der Nähe von Grass und Johnson. Diesen Umzug nimmt Frisch zum Anlass, wieder an einem Tagebuch zu schreiben, sich quasi schreibend die neue Umgebung, das politische System jenseits der Mauer, die neuen Freunde, seinen neuen Alltag zu erschließen. Wieder, wie in den Vorläufern, ist er dieser ganz genaue Beobachter seiner Umgebung, manchmal auch scharfzüngiger Kommentator, wieder schaut er den Dingen auf den Grund, findet kleine Begebenheiten, aus denen sich das große Ganze erkennen lässt, hat auch einen sehr genauen Blick auf sich und seine Ehe. Und ganz offensichtlich ist es wiederum ein literarisches Werk, geschrieben für eine breite Öffentlichkeit:

Seit ich die Notizen, die anfallen, in ein Ringheft einlege, merke ich schon meine Scham; ein Zeichen, dass ich beim Schreiben schon an den öffentlichen Leser denke, gleichviel wann es dazu kommen könnte. Und mit der Scham gleichzeitig auch die Rücksicht auf andere, die auch tückisch sein kann, verhohlen, vorallem doch wieder ein Selbstschutz; ich schreibe nicht: Paul ist ein Arschloch. Punkt. Damit wäre ich ja ungerecht. (S. 38)

Frisch beginnt das neue Tagebuch mit der Beschreibung der Situation des Umzugs, der Wohnung, in der noch das Notwendigste fehlt, der Hilfe der Freunde, des Ärgers über die Handwerker, des Erkundens der neuen Umgebung, des Einlebens und ersten Arbeitens.

7.2.

Anna Grass leiht uns zwei Betten, wir wohnen noch nicht. Ein Arbeitstisch, von Uwe Johnson vorbestellt, ist da, dazu die erste Lampe. Die technischen Einrichtungen (Kühlschrank, Spiegel und Licht im Bad, Türschlösser usw.) sind im Anzug. Kein Telefon. M. findet einen schönen Tisch antik, ferner Gläser und etwas Geschirr. Noch kein Warmwasser. Der erste Stuhl. Jeder Schritt, jede Stimme hallt in den leeren weissen Räumen. Was braucht man. Kein Mangel an Geld, im Gegenteil.

(…) 17.3.

Wir haben angefangen zu wohnen, wir sind schon gewohnt.“

Interessiert schaut er sich Berlin als geteilte Stadt an, West-Berlin mit den breiten, aber ruhigen  Straßen, die in kein Zentrum zu führen scheinen. Er schaut Sendungen des DDR-Fernsehens und wundert sich über die dort vorherrschende Sprache. Literarisch versucht er die Teilung einer Stadt am Beispiels Zürichs nachzuvollziehen. Als Reiseleiter führt ein Erzähler einen Ausländer durch die Stadt, erklärt die Beschädigungen durch die Teilung, erklärt, während sie gemeinsam die Mauer abschreiten, was es bedeutet, dass der eine Teil ohne den anderen funktionieren muss, dass es keine Kontakte mehr gibt, nur noch Gerüchte. Und schnell kommt auch der reale Kontakt nach Ost-Berlin zustande, zunächst über seinen Verleger dort bei Volk und Welt, dann über eine Einladung zur Leipziger Buchmesse, mehr und mehr trifft er sich mit Schriftstellern, mit Christa Wolf, Jurek Becker, Günter Kunert, Wolf Biermann, besucht sie zu Hause. Diese Kontakte finden ihren Niederschlag im Tagebuch, durch Beschreibungen des Ablaufs, wenn er noch einmal in die besprochenen Themen referiert und immer wieder hinweist auf den so vorsichtigen, aber herzlichen Umgang miteinander. Immer wieder denkt er, der westliche Besucher, über die östlichen Lebensbedingungen nach, zunächst sehr zurückhaltend – er hat sich noch kein Bild gemacht – dannmit immer deutlicheren Worten:

Berlin 1974

Freunde in der DDR: Ihr habt es gut, Ihr könnt vom kapitalistischen Ausland reden. Wir können nicht vom sozialistischen Ausland reden. Denn das gibt es nicht. Was in den Ländern, die sich die sozialistischen nennen, zur Zeit zu sehen ist: Bürokratismus mit sozialistischer Phraseologie, Staatskapitalismus ohne die mindeste Mitbestimmung von der Basis her – (S. 157)

Immer wieder skizziert er seine Schriftstellerkollegen, manchmal in wenigen Worten, manchmal in längeren Reflexionen: Uwe Johnson, seinen neuen Nachbarn und Freund in Berlin, Alfred Andersch und ihr schwieriges Verhältnis als Nachbarn in Berzona, immer wieder Günter Grass, den er für öffentlichkeitssüchtig hält: „Anruf von einer Redaktion genügt, und er verlautbart. Als könne er Aktualität ohne Grass nicht ertragen. Wie heilt man ihn?“ (S. 159)

Und immer wieder gibt es auch ein Nachdenken über sich, ehrlich und schonungslos, wenn er sich klar macht, Alkoholiker zu sein, wenn er den deutlichen Altersunterschied zu seiner Frau Marianne betrachtet, den Zustand der Ehe („Ehe-Ruine“),  wenn er die mit 62 nachlassenden Kräfte, das Nachlassen der Erfindungskraft vor allem, beschreibt. Immer wieder notiert er, er sei ohne Arbeitsplan, immer wieder, er habe wieder nichts gearbeitet, es bedrücke ihn aber auch nicht, immer wieder verweist er auf die Arbeit für den Verlag, die mehr darin bestehe, sein Werk zu verwalten, weniger darin, etwas Neues hinzuzufügen. Vielleicht sieht es sich gar wie den Wärter in dieser kurzen Notiz:

Der Wärter in einem Leuchtturm, der nicht mehr in Betrieb ist; er notiert sich die durchfahrenden Schiffe, da er nicht weiss, was er sonst tun soll. (S. 121)

Dabei arbeitet er durchaus weiter, neben den Reden, die er für unterschiedliche Situationen schreibt, veröffentlicht er das „Dienstbüchlein“ und erarbeitet eine Erzählung, deren Arbeitstitel „Regen“ ist und die er später als „Der Mensch erscheint im Holozän“ veröffentlicht. Auch über die Schwieirgikeiten beim Schreiben der Erzählung berichtet er hier und da.

Im März 1974 bereitet Frisch wieder eine New York Reise vor: „Keine Ahnung, wie weit weg diese Reise mich führt; wahrscheinlich ist es die letzte NY-Reise.“  Und so bricht das Tagebuch kurz vor der New York Reise ab. Von New York nämlich reist er im Mai 1974 für ein Wochenende nach Montauk, an den östlichsten Zipfel von Long Island, zusammen mit Alice Locke-Carey. Und dort hat er die Idee zu „Montauk“, mit deren Ausarbeitung er sich in den nächsten Monaten beschäftigt, sodass er sein Journal nicht weiter fortführt, immer wieder aber auf Notate daraus zirückgreift, wie es Thomas Strässle in seinem umfangreichen Nachwort erläutert.

Das Berliner Journal also führt inhaltlich und poetologisch fort, was Frisch in den früheren Tagebüchern begonnen hat. Auch wenn es – leider – viel knapper ist, als die anderen Werke, so ist es doch ein eindrucksvolles Zeitdokument aus dem Berlin der 1970er Jahre und auch ein eindrucksvolles Dokument des Menschen Max Frisch, der mit seinen Blessuren, mit seinem Alter ringt.

Biographische Hinweise zum Leben Max Frischs finden sich hier und ein Gespräch mit der Margit Unser, der Leiterin des Max Frisch-Archivs, über die Veröffentlichung des „Berliner Journals“ könnt ihr hier lesen.

Max Frisch: Aus dem Berliner Journal, Berlin 2014, Suhrkamp Verlag

25 Kommentare

  1. Schöne Besprechung…und schöner Zufall: Hab gestern nacht die letzten Seiten gelesen. Dieses „Abschiedswerk“ stimmt traurig, melancholisch, auch wenn Frisch sehr nüchtern schreibt. Auch wenn das Tagebuch zur Veröffentlichung gedacht war, erscheint es mir doch als sehr ehrliche, kritische Bestandaufnahme. Danke für Deinen tollen Beitrag – wieder eine Gemeinsamkeit: Ich mag seinen nüchternen Schreibstil, das Eigenbröt(d?)lerische, seine ganze etwas kauzige Art auch sehr…

    • Liebe Birgit,
      dann bin ich gespannt, auf „Deinen Frisch“. Für mich bedeutete dieses Tagebuch auch eine Erinnerung an meine umfangreichen Max Frisch Lektüren zum Studienende. Ich mag seine Sprache sehr – und da ist er so kritisch mit sich – und so gehört Frisch für mich zu den sprachlich besten deutschen Schriftstellern. Mit seinen Themen hadere ich manchmal ein wenig, aber ich bin eben auch kein alternder Mann, vielleicht liegt es daran :-). Das „Berliner Journal“ aber finde ich als Zeitdokument – wer denkt heute noch an die 1970er Jahre und wie es sich angefühlt hat, das Leben im geteilten Berlin – und als Blick auf Max Frischs Leben und seine Gedanken sehr überzeugend. Und nun warte ich gesapnnt…
      Viele Grüße, Claudia

      • Liebe Claudia,
        ich trau mich ja kaum mehr an eine Rezi ran nach Deinem Beitrag. Der ist perfekt. Ja, mit den älternde Männern – ich habe derzeit einige um mich rum, daher konnte ich mich da ganz gut „einfühlen“. Aber wie Du schreibst – es ist v.a. das Zeitdokument, auch die Begegnungen mit den Schriftstellern aus der DDR – da fallen soviele Namen, von denen man ja auch schon was gelesen hat (Johnson, Grass, Biermann, Christa Wolf und mein Jurek Becker …). Bitte nicht gespannt warten, das setzt mich jetzt unter Stress 🙂

      • Liebe Birgit,
        das soll kein Stress sein, vielmehr die gespannte Neugier, wie Deine Lektüreerfahrung gewesen ist – und dann vielleicht so ein schöner Austausch wie das bei Herrndorf mit den anderen kundigen Lesern gewesen ist. Über Dein Lob freue ich mich sehr (und habe ganz glühende Ohren), aber es ist ja nu mal nicht so, als könntest Du nicht schreiben!
        Viele Grüße, Claudia

  2. Liebe Claudia,

    auf diese Besprechung hatte ich schon sehnsüchtig gewartet und sie bestätigt mich weiterhin darin, dass ich das Buch gerne gelesen möchte. Ich habe bisher – muss ich gestehen – noch nicht viel von Frisch gelesen, ich habe nur einmal in seine Tagebücher hineingeschaut. Umso mehr freue ich mich darauf, ihn durch dieses Buch entdecken zu können.

    Liebe Grüße
    Mara

    • Liebe Mara,
      alle Tagebücher gefallen mir insofern gut, als dass man immer wieder – u.a. Themen – auch ein Stück Zeitgeschichte nachlesen kann. Ich weiß, Dein Stapel ist riesig, aber bei Max Frisch liegst Du eigentlich immer richtig – vielleicht mit Ausnahme der ganz späten Erzählungen, das ist einfach (noch 🙂 ) nicht mein und schon gar nicht Dein Thema.
      Viele Grüße, Claudia

  3. Eine schöne Besprechung. Ich habe auch schon mit dem Buch geliebäugelt. Max Frisch läuft mir seit einer Weile ständig über den Weg. Aber in Zürich ist das leicht möglich 😉

    • Liebe Büchermaniac,
      dann ran ans Berliner Journal! Kennst Du denn die anderen Tagebücher? Wahrscheinlich wird man in Zürich doch schon in der Schule mehrfach mit Frisch konfroniert. Ich stelle mir vor, dass alle Schüler mindestens einen der Frisch Romane auswendig kennen und seine Biografie auch (ganz, ganz breites Grinsen). Oder liege ich da etwa falsch?
      Viele schmunzelnde Grüße, Claudia

      • Nun, Frisch war tatsächlich Schullektüre bei uns. Wir haben das Theaterstück „Biedermann und die Brandstifter“ seziert. „Andorra“ geistert auch noch irgendwo in meinem Hinterkopf herum. Persönlich habe ich von Frisch „Stiller“ und „Homo Faber“ gelesen. Die Tagebücher hingegen kenne ich nicht.

        LG buechermaniac

      • Liebe Büchermanic,
        so doll unterschiedlich ist es ja gar nicht! Frisch hat auch hier nach wie vor einen riesigen Fundus an Schullektüren – und das macht ja auch einen richtig großen Autor aus, dass nämlich seine Werke und Themen einfach zeitlos sind. Und solltest Du einmal Zeit für die anderen Tagebücher haben: es lohnt sich.
        Viele Grüße in den Süden, Claudia

  4. Sein Journal liegt auch bei mir bereit, danke Claudia für diese aussagekräftige Besprechung.
    LG Heidi

    • Liebe Heide,
      vielen Dank für Deine netten Worte. Und ich wünsche ich Dir beim Lesen so viel Freude, wie ich sie hatte.
      Viele Grüße, Claudia

  5. Liebe Claudia,
    eine schöne Idee mit den drei blauen Tagebuch-Covers zu einer wunderbaren Besprechung.
    Ich habe das Tagebuch gleich gekauft, als es herauskam (und sofort losgelesen), denn ich habe die ersten beiden, besonders das erste übrigens, vor etwa hundert Jahren auch ausgesprochen gerne gelesen, überhaupt eigentlich die meisten Sachen von Frisch. So gesehen habe ich wirklich mich schon lange nicht merh auf ein Buch gefreut, wie auf dieses.
    Es ist, wie Du ja auch sagst, ein großartiges zeitgeschichtliches Dokument. Insbesondere was die erwähnten Autoren betrifft und die Porträts, die Frisch von denen quasi aus der Hüfte (ich bin sicher, es war gar nicht aus der Hüfte, sondern wohlüberlegt, aber es liest sich so) zeichnet, fand ich hochinteressant. Vermutlich, weil ich mich eine ganze Zeitlang Anfang der 80er ziemlich intensiv mit den meisten beschäftigt und eine Menge gelesen habe. Johnson sowieso, da finde ich die persönlichen Berichte sehr aufschlussreich, und dann besonders die Autoren aus Ostberlin.
    Vielen Dank für Deine Besprechung!
    Liebe Grüße, Kai

    • Lieber Kai,
      ich habe mich auch sehr erinnert gefühlt an die ersten Tagebücher, denn gerade das von 1946 bis 1949 habe ich sehr, sehr gerne und sehr staunend gelesen. (Es würde echt Sinn machen, es noch einmal zu lesen, wenn da nicht so viele neue, verlockende Romane liegen würden). Als ich es zu Beginn der 1990er Jahre gelesen habe, ist die „Handlung“ auch vierzig jahre vorüber gewesen, so wie es nun auch wieder vierzig Jahre sind. Mit dem Unterschied, dass ich die 1970er Jahre schon viel bewusster erlebt habe, dass ich die Autoren, mit denen er sich trifft, auch gelesen habe, über Uwe Johnson haben wir ja schon gemeinsam geschwärmt. So bin ich auch sehr gespannt und neugierig auf dieses Journal gewesen und habe wieder staunend erlesen, wie treffend Max Frisch die Situation in der DDR beurteilt, wie ehrlich seine Kollegen-Porträts sind, wie ehrlich er auch zu sich selbst ist. Und so hätte ich gerne ein viel längeres Journal gelesen.
      Nun hoffe ich, dass Du auch noch einen Artikel über Deine Leseerfahrungen schreibst, denn dann entdeckt ich bestimmt etwas, was ich so nicht wahrgenommen habe.
      Ein schönes Wochenede wünscht Claudia

  6. Liebe Claudia,
    einige Blogs – und deiner gehört definitiv dazu, entwickeln sich zu so etwas wie meinem Bücher-Gewissen. „Dies und das wollte ich schon längst lesen, es liegt hier.“ oder „Das muss ich mir unbedingt besorgen/ausleihen.“ oder „Das muss ich dringend mal wieder lesen.“ Aber seit Wochen komme ich kaum zum Lesen, die Oberstufenklausuren … Da reicht es gerade mal für einen Krimi zwischendurch … Vermutlich muss ich meine Ankündigung, die ich schon bei Birgit von Sätze&Schätze habe verlautbaren lassen, bald in die Tat umsetzen, ich werde meinen Job aufgeben und lesen 🙂
    Ich finde die Sprache Frischs auch phänomenal, so als ob man bestimmte Dinge nur genau so und auf keinen Fall anders hätte ausdrücken können. Präzise, ehrlich, schön, lebensvoll.
    Dir ein gutes Wochenende! LG Anna

    • Liebe Anna,
      ach, wie schön, wenn ich Dein Bücher-Gewissen bin! Vielen Dank dafür! Und ein hoher Anspruch, da darf ich ja nun nur noch die Hochkaräter lesen. — Ich denke, wie Du, aber auch schon darüber nach, meinen Job aufzugeben (hoffentlich liest meine Chefin nicht mit 🙂 ), denn es gibt so viel tolle Bücher zu lesen, dass schaffe ich einfach nicht mit der vielen Ablenkung, die ein Arbeitsleben leider so mit sich bringt. Vor allem saugen Klausuren so das Hirn aus, dass man wirklich nicht mehr normal denken kann („Schreibt man spüren mit „h“ oder ohne“, frage ich verwirrt meinen Mann und der antwortet – wenig hilfreich -: „Kommt auf die Situation an.“). Wenigstens haben wir ja ein schönes Hobby, das uns später einmal ganz viel Lust aufs Pensioniertwerden machen wird. Das ist doch auch mal schön…
      Vielleicht, da Du ja offensichtlich auch ein Frisch-Fan bist, findet das „Berliner Journal“ ja noch ein kleines Plätzchen auf Deinem riesigen Buchstapel. Es ist ja auch gar nicht so ganz schrecklich dick. Und eine schöne Belonhung für gaannz viele Klausuren.
      Ich wünsche Dir – trotz Klausurberg – einen schönen und sonnigen Sonntag (wir haben gerade unseren ersten Kaffee in diesem Jahr auf der Terasse getrunken :-)), Claudia

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  11. Eine schöne Besprechung. Ich befinde mich noch ziemlich am Anfang des Berliner Journals Ich liebe Frisch´s Klarheit, die Fähigkeit Wesentliches knapp zu formulieren und dabei ins Schwarze zu treffen. LG Xeniana

    • Liebe Xeniana,
      und seine Formulierungskünste sind ja auch im „Berliner Journal“, auch wenn er so selbstkritisch mit sich ist, völlig auf der Höhe. Ich wünsche Dir noch ganz viele Lese-Spaß mit dem Tagebuch und dem Ausflug in die 1970er Jahre!
      Einen schönen Sonntag wünscht Claudia

  12. Schöne Rezension, gefällt mir sehr – ich liebäugele schon einige Zeit mit der Lektüre und werde sie mir bald zu Gemüte führen! Liebe Grüße

  13. Liebe Claudia,
    längere Zeit nach Erscheinen des Buches und nach Deiner Besprechung. Ich bin neu hier in der Blogger-Landschaft. Deinem eingehenden Beitrag ist kaum etwas hinzuzufügen. Ein paar Stellen hatte ich mir damals im Buch vermerkt.
    Max Frisch notiert die Bestattung seiner Schwester in sechs Zeilen – die enden:
    „Plötzlich erinnerte ich mich kettenweise an Verdrängtes, aber an an keinen Grund, warum man es verdrängt hat.“ (S. 36)
    Angesichts des Abschieds eines Geschwisters und im Rückblick auf die Familiengeschichte liegt es nahe, sich zu erinnern. Was wären Gründe gewesen, etwas zu verdrängen? Dies lässt Max Frisch an dieser Stelle offen.
    Bemerkenswert finde ich die Überlegung von Max Frisch:
    „Leute, in deren Gegenwart einem doch etwas einfällt, zumindest die Lust kommt, Sätze zu bilden, Sätze, die nicht vorrätig sind, die einen selber noch überraschen – (…) Das Vergnügen, einen Satz oder mehrere Sätze mündlich zu entfalten, auszupacken als Überraschung für mich selbst; nachher bin ich den andern dankbar dafür.“ (S. 42)
    Diese Wahrnehmung finde ich feinfühlig und eindrucksvoll formuliert.
    Das Berliner Journal (2014) war ein schöner Nachtrag zu den früheren Tagebüchern. 2010 gab Peter von Matt die „Entwürfe zu einem dritten Tagebuch“ heraus …
    Hätte Max Frisch seiner Zeit so etwas gebloggt?
    Beste Grüße
    Bernd

    • Lieber Bernd,
      wenn ich Deine Zitate aus den Frisch-Tagebüchern lese, so ganz ohne ihren Zusammenhang, dann scheinen sie sogar Aphorismen zu sein, ganz tolle, wichtige Sätze, die auch für sich alleine stehend eine große Wahrheit haben. – Und offensichtlich bist Du auch ein Frisch-Fan! Ich habe mich im letzten Jahr sehr über den späten Band gefreut, es war direkt wieder dieser – wie man heute so sagt :-)- Frisch-Sound da, seine ganz besonderen Beobachtungen, seine Anmerkungen. Und auch ganz viel Zeitgeist, so der Blick auf die DDR. – Ob er gebloggt hätte, ist eine gute Frage. Das kann ich auch nach längerem Nachdenken gar nicht einschätzen. Dabei wären seine Tagebücher, wenn er sie direkt veröffentlicht hätte, so wie Herrndorfs Blog, der dann als „Arbeit und Struktur“ auch als Buch erschienen ist und ja mit ähnlichen Schreibformen spielt wie Frisch.
      Viele Grüße, Claudia

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